Ein Zitat Luthers zum Eingang: Einer reitet dich immer: Gott – oder der Teufel!
In den Jahren 1995 bis 2003 war ich mit meiner Firma und meinen Produkten auf der Internationalen Spielwarenmesse in Nürnberg vertreten. Immer wieder erhielten wir Besuch von chinesischen Firmen, die Interesse zeigten, für uns Produkte entwicklen und fertigen zu wollen. Die Zahlen erschienen interessant. Etliche Kollegen wagten den Sprung und verlagerten Entwicklung und/oder auch nur die Produktion nach Fernost. Aus Made in Germany wurde Made in China.
Schon bald erfuhr man im Gespräch mit diesen Kollegen, dass Vorsicht geboten war. Nicht nur, dass die netten und zuvokommenden Herrschaften aus dem Osten mit Fotoapparaten die Produkte und Messestände unter die Lupe nahmen, nein, es entstanden lange Lieferzeiten. Man war einer von vielen Auftraggebern und es gab immer jemanden, der einen größeren Auftrag ggegeben hatte, als man selbst. Das bedeutete Wartezeit bei der Entwicklung und/oder der Produktion, je nachdem, was man in Auftrag gegeben hatte. Denn selbstverständlich hatte der größere Auftrag Vorang. So konnten es sein, dass ein Produkt nicht noch im gleichen Jahr, sondern erst im folgenden Jahr, oder noch später vertrieben werden konnte.
Immer wieder mal kam es vor, dass da plötzlich, wie zufällig, ein Plagiat auftauchte. In Fernost ist es eine Ehre und Anerkennung, wenn ein gutes Produkt ein Plagiat hat. Um dies zu verhindern war es nötig, entsprechende Verträge zu machen und deren Einhaltung dann auch zu kontrollieren. Die Folge: Es musste jemand von Europa in Fernost vor Ort sein, der die Interessen des Auftraggebers wahr nahm. Plötzlich entstanden so zusätzliche Kosten, die in dieser Höhe nicht geplant und bugetiert waren.
Für mich ein Grund, meine Produktion nicht nach China zu verlegen.
Es hat eben auch ganz handfeste Nachteile, wenn man komplette Fertigungen so weit ins Ausland verlagert, wie man an diesem Beispiel sehen kann. Ob Kabelbäume für die Automobilindustrie, Halbleiter oder Arzneimittel. Sparen bei der Produktion, um den Preis, ein Produkt für den Vertrieb und die Fertigung im eigenen Land nicht mehr, oder zeitweise nicht verfügbar zu haben, nicht steuernd und flankierend unmittelbar Einfluß nehmen zu können, kann auch als Schuss nach hinten losgehen, wenn man, wie wir jetzt sehen, wir vielleicht damit auch politisch erpressbar werden, in dem wir bestimmte Produkte nicht bekommen, weil politisch gewollt, oder nicht produziert werden, oder deren Produkion verschleppt werden, weil der Produzent in die eigenen Taschen produziert. Solche Fälle gab und gibt es immer wieder, auch wenn sie nicht die Regel sind.
Plötzlich ist Geiz dann nicht mehr geil, sondern wird zur angezogenen Bremse für die Entwicklung und/oder zur Gefahr für den Fortbestand der eigenen Existenz. Können, sollen und dürfen wir uns das überhaupt leisten, auch im Blick auf den erfolgreichen Fortbestand der eigenen Volkswirtschaft? Wieviel Globalisierung brauchen wir, wie viel können, dürfen und sollten wir uns leisten??
Was lernen wir daraus und aus Putins Krieg? China ist inzwischen nicht nur eine Wirtschafts-, sondern auch eine Militärmacht. Unverholen werden in Hongkong und mit der Verfolgung der Oguren auch anderswo in China die Menschenrechte mit Füßen getreten. Unverhohlen wird ein Machtanspruch auf Taiwan erhoben. Das Regim ist genauso menschenverachtend, wie das von Putin. Lassen wir uns durch die Freundlichkeit nicht bluffen. Jeder Angriff auf die Menschenrechte in Hongkong und anders wo, ist ein Angriff auf die Werte und Menschenrechte der freien und freiheitlichen Welt. Was setzen wir dagegen und wie?